BN fordert Renaissance regionaler Schlachtstätten
Fürth (pr) - Der Metzgerschlachthof Fürth hat für seine Ausbau- und Modernisierungspläne (Investitionsvolumen: 5,5 Mio. Euro) prominente Unterstützer gefunden: Der Bund Naturschutz in Bayern wird sich auf allen Ebenen dafür starkmachen. Angesichts der jüngsten Skandale in Großschlachthöfen plädiert BN-Landesvorsitzender Richard Mergner für ein Sonderförderprogramm für bestehende und neue kleine Schlachthofstrukturen und das Fleischerhandwerk. Fürths Schlachthof-Geschäftsführer Konrad Ammon regte zudem einen staatlichen Fonds an, um Betrieben, die weniger als 1000 Schweine pro Woche schlachten, durch eine Reduzierung der Fleischbeschaugebühren zu entlasten.
60.000 Schweine, 3800 Rinder und 1600 Schafe wurden 2019 an der Siegelsdorfer Straße 42 im Fürther Stadtteil Burgfarrnbach geschlachtet - das waren gerade mal 1 Prozent der Schweine in Bayern. Verglichen mit Branchenriesen wie Tönnies (30.000 Schweine täglich), Westfleisch oder Vion ein Klacks, aber dafür mit regionalem Anspruch und Herkunftsgarantie. Die Tiere kommen von Bauernhöfen aus maximal 50 km Entfernung, die 330 gelisteten Schlachtkunden sind Landwirte, Direktvermarkter, Metzger. In Bayern, wo es immerhin noch ca. 1200 selbstschlachtende Fleischereien, aber auch 14 große Schlachthöfe gibt, ist der Fürther einer von nur zehn mittelständischen. Seit dem Bau 1991/92 schreibt man schwarze Zahlen. Die Betriebs-GmbH und wird von 105 Gesellschaftern getragen, die 15 beschäftigten Lohnschlächter sind allesamt einheimische Fachkräfte mit Gesellenbrief.
Die dahinter stehende Philosophie vom „Fleisch der kurzen Wege" unterstützt der Bund Naturschutz aus Überzeugung: So würden lange Tiertransporte, Umweltprobleme, aber auch ausbeuterische Arbeitsverhältnisse und Seuchenherde wie in Großschlachthöfen verhindert. „Dort geht es den Tieren schlecht und auch den Menschen", mahnt Richard Mergner. Bei einem Pressegespräch im „Haus des Handwerks" in Fürth forderte er mehr Transparenz durch eine verpflichtende Kennzeichnung, die dem Verbraucher zeige, wo Steak oder Hack herkomme. So werde wohl auch Fleisch aus Belgien zu Original Nürnberger Rostbratwürsten verarbeitet - und Fleisch in Chile aufgewachsener Puten trage das Logo „In Bayern hergestellt". Echte Regionalität, wie vom Fürther Schlachthof umgesetzt, brauche deshalb mehr Unterstützung und Kostengerechtigkeit. Denn: „Es wird künftig immer mehr Leute geben, die beim Fleisch essen auch ein gutes Gewissen haben wollen!"
BN-Ehrenvorsitzender Hubert Weiger, selbst Fürther, nannte die mit Corona zutage getretenen Probleme der industriellen Fleischverarbeitung ein Ergebnis jahrzehntelanger Entwicklung hin zu zentralen Großstrukturen. Das habe die Politik gewollt und gefördert, etwa mit den EU-Hygienevorschriften 1992. Dabei seien gerade die kleinen Strukturen des Handwerks Bewahrer von Qualität, Arbeitsplätzen und Vielfalt, pufferten Krisen viel zuverlässiger ab und seien deshalb „systemrelevant und kein Luxus". Um die noch vorhandenen zu erhalten, müsse die Politik endlich handeln, finanzielle Förderungen gewähren - wie 1993 kurzfristig mit einem Investitionsförderprogramm - und Benachteiligungen abbauen.
„Es gilt auch Kommunen als Unterstützer zu gewinnen", erklärte Reinhard Scheuerlein, Vorsitzender der BN-Kreisgruppe Fürth-Stadt. Denn seit 1969 und 1994 sank die Zahl kommunaler Schlachthöfe von 86 auf 40; heute sind es nicht einmal mehr zehn. Erst kürzlich wurde der städtische Schlachthof Erlangen an Unifleisch/Contifleisch verkauft. Der BN will sich bei der Stadt Fürth für die geplante Erweiterung des Schlachthofs einsetzen und ihn bei der Bevölkerung noch bekannter machen.
Nach der Schließung vieler Schlachthöfe in Franken (Ansbach, Nürnberg, Würzburg) und schwieriger Standortsuche ist Konrad Ammon skeptisch, ob es künftig Neubauten geben wird. Aber: Es sei weitaus günstiger, bestehende zu erhalten. Um die seit 1993 EU-zugelassene und bio-zertifizierte Einrichtung in Fürth zukunftsfähig zu machen, will man u.a. in Tier- und Umweltschutz investieren: Die Stallflächen, in denen sich die Tiere nach der Anlieferung beruhigen können, sollen verdoppelt und lärmgeschützter werden. Zur Abwasseraufbereitung entsteht eine Vorkläranlage. Die Kühlräume sollen vergrößert, die Kälteanlagen von synthetischen auf natürliche Kältemittel umgestellt werden. Auch die Zufahrt zum Schlachthof wird verlegt. Die Baupläne liegen laut Ammon bereits den zuständigen Ämtern vor. In Arbeit sind noch Denkmalschutz-, Boden- und Umweltgutachten. Planung und Genehmigungen sollen bis Ende 2020 erledigt sein, Umsetzung und Bau erfolgen 2021.
Um die Millioneninvestitionen zu stemmen, hofft der gut ausgelastete Schlachthof auf Zuschüsse. „Wir wollen nicht unendlich wachsen, sondern die Zukunft sichern", betont Ammon, der auch Landesinnungsmeister der Metzger ist. Man hat bereits Gespräche mit Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (FW), Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber (CSU) und Ministerpräsident Markus Söder (CSU) geführt. Letzterer sprach sich in einer Rede im Juli gegen „Agrarkapitalismus" aus. Für Ammon wäre schon viel gewonnen, wenn große und kleine Schlachthöfe gleich behandelt würden. Etwa bei der Beschaugebühr, die in Fürth bei 3,86 Euro/Schwein liegt, bei Tönnies „im Groschenbereich. Oder bei der in Fürth 2019 um 40 Prozent gestiegenen Konfiskatgebühr. Hier wäre seine Idee: Der Metzger zahlt eine Pauschale, den Rest der Staat aus einem Fonds. So könnte die Politik kleine Strukturen einfach unterstützen. Ammon ist optimistisch: „Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg!"
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