


Fleischer-Innung Fürth feierte 135. Jubiläum
Fürth, 22.06.2014 (dag) - „Um unsere Fleischereibetriebe stark aufzustellen, brauchen wir starke Innungen wie die in Fürth", sagt Georg Schlagbauer. Der Landesinnungsmeister des bayerischen Metzgerhandwerks würdigte die Leistungen der Berufsstandvertretung anlässlich einer Feier zu deren 135-jährigem Bestehen. Vor gut 80 Festgästen im Schloss Burgfarrnbach rief er auch die Kommunalpolitik zur Unterstützung des Handwerks auf - z.B. gegen Bestrebungen der EU, den Meisterbrief abzuschaffen.
1879 wurde die einstige „Fleischervereins-Innung" Fürth gegründet, die Tradition des Handwerks freilich reicht viel weiter zurück. So zählte die Zunft im Jahr 1604 bereits acht Metzgermeister. 1899 wurde durch Fusion der Fleischervereins-Innung und des Fleischervereins Fürth (gegründet 1870) die „Freie Fleischer-Innung Fürth" ins Leben gerufen. Ende des 19. Jahrhunderts gab es in der Kleeblattstadt 130 selbstständige Metzgermeister, die ab 1906 sogar eine eigene Innungs-Krankenkasse hatten. Am Wirtschaftswunder der 50-er Jahre hatten die Metzger großen Anteil und bildeten pro Jahr bis zu 100 Fleischer aus. 1963 zählte die Innung stolze 201 Mitglieder, heute sind es noch 34 in Stadt und Landkreis.
Geführt wird sie von Konrad Ammon jun., der zugleich Kreishandwerks- und stellvertretender Landesinnungsmeister ist. In seinem Heimat-Stadtteil Burgfarrnbach begingen die Metzger ihr nicht ganz „rundes" Jubiläum zunächst mit einem ökumenischen Gottesdienst in der St.-Johannis-Kirche. Dabei stellte Pfarrer Christian Probst vom evangelisch-lutherischen Pfarramt ein brandaktuelles Thema in den Mittelpunkt: Auch Schlachttiere verdienten Schutz und artgerechte Behandlung; vom Lamm im Wappen der Metzger schlug er den Bogen zu Gott und Kirche. Der katholische Dekan André Hermany rief zum Kampf gegen die Lebensmittelverschwendung auf; deshalb sollten auch verwöhnte Verbraucher fünf Minuten vor Ladenschluss nicht eine volle Theke in der Metzgerei erwarten. Musikalisch umrahmt wurde der Gottesdienst mit mehreren Liedern vom Fürther Fleischer-Gesangverein um seinen Vorsitzenden Willi Frauenknecht.
Ein Festzug, bei dem Mitglieder des Fleischergehilfen-Vereins von 1878 die Zunftfahnen trugen, führte zum Schloss. In Fürths „guter Stube" bezeichnete Obermeister Konrad Ammon jun. die Fleischereibetriebe als vielfältig und nah am Kunden. Auch im Handwerk habe moderne Technik Einzug gehalten, die Inhaber seien Frauen und Männer der Praxis. Eine Innung mit 135 Jahren habe bezogen aufs Menschenleben ein „sehr reifes Alter". Die Mitgliedschaft empfahl der Redner, weil der übergeordnete Fleischerverband den Berufsinteressen diene. Gerade kleine Unternehmen, kritisierte er, hätten zu wenig Einfluss bei der Politik. Der Gesetzgeber müsse sich daran messen lassen, ob er allen diene oder nur wenigen. Freilich, so scherzte er: „Beim Gesetze- und beim Wurstmachen lässt sich keiner gern über die Schulter schauen."
Trotz Trends wie Bio-Fleisch, Boutique-Metzgereien oder Discounter-Konkurrenz bleibt der Innungschef optimistisch: „Mit dem Selbstbewusstsein, dem Metzgerhandwerk zum Aufschwung zu verhelfen, gehen wir in die Zukunft." Man stehe für Service und Beratung, Top-Qualität bei Fleisch und Wurst, Fachwissen über Ernährung sowie Ausbildung vor Ort. Die Fleischereien der Innung Fürth als fest verankerte Säule im Alltagsleben beschäftigten mehr als 600 Menschen, kassierten auch keine EU-Fördergelder und drohten anschließend mit Umzug ins Ausland. Ammon: „Das Metzgerhandwerk hat Zukunft!"
Die Gratulationen von Oberbürgermeister Dr. Thomas Jung überbrachte Fürths Bürgermeister Markus Braun. Er sagte, die Kollegen hätten sich gut gehalten - als Vorbild für den Erfolgsweg könne Ammon dienen, bei dem drei Metzgergenerationen Hand in Hand arbeiteten, mit Max (30) sitze die jüngste sogar im Stadtrat. Die richtige Mischung zwischen Tradition und Innovation zu finden, sei wohl das Geheimnis. Das Metzgerhandwerk als beständiger Faktor in Krisenzeiten bediene den Kundenwunsch nach regionalen Produkten und genieße deshalb höchste Wertschätzung.
Landrat Matthias Dießl empfahl, sich auch in den nächsten 135 Jahren als Innung stets neu auszurichten - Gutes zu bewahren, Schlechtes über Bord zu werfen. Wie stark der Wandel sei, zeige das Schrumpfen der Betriebszahl - früher habe es allein 35 Metzgereien in der Königstraße gegeben. EU-Hygieneanforderungen, Supermärkte etc. seien die Gründe. Trotzdem hätten etliche Gute überlebt und stünden für die Zukunft. Ihnen wünschte Dießl mehr Auszubildende und fragte amüsiert, ob es wohl zur 145-Jahr-Feier eine „App" der Innung fürs Smartphone geben werde ...
Thomas Pirner, Vizepräsident der Handwerkskammer für Mittelfranken, blickte zurück ins Gründungsjahr der Innung: 1879 eröffnete Woolworth seinen ersten 5-Cent-Store und Thomas Alva Edison erfand die Glühbirne. Auch das erste Nahrungsmittelgesetz, das Panschereien unterbinden sollte, wurde verabschiedet. In Anwesenheit zahlreicher Ehrengäste wie der beiden Metzger-Obermeister Willy Böbel (Innung Mittelfranken-Süd) und Manfred Seitz (Innung Nürnberg) nannte er als heutige wichtigste Aufgaben der Innung Ausbildung und Prüfung; sie sei zudem Garant für handwerkliche Qualität. Und die, glaubt Pirner, „ wird sich immer durchsetzen."