Quereinsteiger als Fachkräfte zertifizieren

Vorstand und Gäste (v.l.): Gf Thomas Mörtel, Christian Tschulik, stv. OM Stefan Wolf, Claus Steiner, OM Konrad Ammon, Nina Gillitzer, Dr. Katharina Hillrichs, Frank Freitag und Bernd Schmitt.

Nürnberg/Fürth (pr) - Die Fleischer-Innung Mittelfranken-Mitte stellte das Projekt VALIKOM vor. Wie kann das Fleischerhandwerk angesichts des Fachkräfte- und Nachwuchsmangels Mitarbeiter finden, binden und motivieren? Vielleicht durch eine Zertifizierung handwerklicher Kenntnisse, die Personen ohne regulären Berufsabschluss besser in den Arbeitsmarkt integriert. Das ist das Ziel der Initiative VALIKOM, die 33 Organisationen wie Handwerks- und Landwirtschaftskammern unterstützen. Zielgruppe einer „Validierung" und Bestätigung der Berufserfahrung sind Quereinsteiger oder Arbeitslose, aber auch Migranten oder Flüchtlinge mit hierzulande nicht offiziell anerkanntem Abschluss.

Nina Gillitzer, Beraterin für Fachkräftesicherung bei der HWK für Mittelfranken, stellte das Projekt in der Jahreshauptversammlung der Fleischer-Innung Mittelfranken-Mitte vor. Teilnehmer ab 25 Jahren würden dabei nicht schriftlich geprüft, sondern an mehreren Tagen praxisnah zu Arbeit, Werkzeugen etc. befragt und bewertet. Ein Zertifikat könne für 4,5 Mio. Menschen, die ohne Berufsabschluss arbeiten, eine große Hilfe sein - auch zum Aufstieg. Die HWK in Nürnberg betreut etwa 20 Berufe, darunter die Fachverkäufer/innen im Lebensmittelhandwerk und Bäcker. Fünf Fleischerei-Fachverkäufer/innen haben bundesweit das Verfahren (www.validierungsverfahren.de) bereits erfolgreich absolviert.

Wie wichtig es wäre, die Berufe im Metzgerhandwerk attraktiver zu machen, hob Lehrlingswart Max Ammon (Fürth) hervor. Aber jeder kleine Schritt dahin sei angesichts vieler mitredender Verbände problematisch. An der jüngsten Winter-Abschlussprüfung nahmen drei Metzger- und acht Fachverkaufs-Azubis teil, an der Zwischenprüfung 16 bzw. 31, bei der Abschlussprüfung im Sommer werden es zehn bzw. 16 sein. Dass zuletzt viele Azubis vom Balkan kamen, derzeit viele aus Vietnam und demnächst viele aus Brasilien, sei kein Problem: „Wir sind froh über jeden Lehrling!" Diese seien sehr engagiert und in der Theorie oft besser als deutsche Lehrlinge. Sein Prüfungsmeister-Kollege Thomas Hubbes (Nürnberg) unterstrich, man müsse nur helfen, Sprachprobleme zu lösen und ggf. bei ungeduldigen Kunden vermitteln. Vorstandsmitglied Sven Freyberger (Nürnberg) bekräftigte, er sei begeistert vom Einsatz und der Tatkraft seiner zwei neuen vietnamesischen Azubis.

An der Fürther Berufsschule 1 bewähren sie sich laut Fachlehrer Bernd Schmitt ebenfalls als „fleißig und gut". Er berichtete von einem Vorschlag von Schulleiter StD Ralf Dambier - selbst gelernter Metzger -, in den Integrationsklassen für Flüchtlinge für eine Lehre im Handwerk zu werben. Er rief deshalb die Betriebe auf, mehr Praktikumsplätze anzubieten.

Laut Obermeister Konrad Ammon (Fürth), in Personalunion Landesinnungsmeister in Bayern, geht im Lehrbereich die Tendenz zu einer zweijähriger Grundausbildung plus einjährigen Wahlmodulen (z.B. Feinkostherstellung). Dass die Innung auch öffentlich Stellung zu kritischen Themen beziehe, bewies er mit Kritik an der „Veggie"-Verköstigung des Evangelischen Kirchentages 2023 in Nürnberg und durch Reden auf mehreren Demos des Bauernverbandes. Ammon forderte eine Beibehaltung der 7 % MwSt auf Fleisch und des Ladenschlusses ab 20 Uhr. Für 28. bis 20. Oktober 2025 kündigte er die Ausrichtung des Deutschen Fleischer-Verbandstages in Nürnberg an.

Bei der Sitzung im Gebäude der Fleischergenossenschaft Evenord in Nürnberg-Altenfurt stellte sich Dr. Katharina Hillrichs (begleitet von ihrem Kollegen Frank Freitag) als neue Amtstierärztin am Fürther Amt für Umwelt, Ordnung und Verbraucherschutz vor. Sie ist Nachfolgerin des in den Ruhestand getretenen Dr. Georg Meiringer, hat zuletzt für die Landkreise Ansbach und Erlangen-Höchstadt gearbeitet und hofft auf gute Zusammenarbeit mit den Betrieben in ihren Aufgaben zur Lebensmittelaufsicht.

Die Innung Mittelfranken-Mitte zählt laut Geschäftsführer Thomas Mörtel von der Kreishandwerkerschaft Fürth derzeit 77 Mitglieder. Davon sind 46 aktive Betriebe (2022: 55). Beschlossen wurde die Angleichung der vor der Fusion 2018 unterschiedlichen Beitragshöhen in Nürnberg und Fürth. Positiv nannte er die finanzielle Entwicklung der beiden Mietshäuser an der Rothenburger Straße 37/37a in Nürnberg: Man erwirtschafte schwarze Zahlen und zahle vom Kredit für die Renovierung jährlich wie kalkuliert ausreichend ab. Projekt-Beauftragter Claus Steiner (Nürnberg) bestätigte, alle 24 Wohnungen seien vermietet, die Kellersanierung in der Endphase.

Das 2021 eröffnete Nürnberger Bratwurstmuseum, das vom Schutzverband Nürnberger Bratwürste e.V. und damit auch der Innung getragen wird, ist laut stv. OM Stefan Wolf (Nürnberg) mit stetig steigender Besucherzahl ein Erfolg. Lustig: Der Verkaufsschlager im Museums-Shop seien „Bratwurst-Socken". Laut Wolf hat die Innung nach Inventarisierung ihrer Bestände viele rare Artefakte aus der Nürnberger Innungsgeschichte - z.B. historische Bahrtuch-Schilder - an das Germanische Nationalmuseum verkauft, um sie für die Noris zu bewahren.

Der Metzgerschlachthof Fürth verzeichnete laut Geschäftsführer Konrad Ammon zuletzt leicht sinkende Schlachtzahlen, vor allem wegen fehlender Schafe als Schlachtvieh zu Ostern. Erfreulich: Vor der geplanten Modernisierung konnte man der Stadt das Schlachthof-Grundstück, das bisher in Erbpacht stand, abkaufen. Nun hofft man auf baldige Genehmigung des 5,5 Mio. Euro teuren Projektes.

Als positiv schilderte Gastgeber und Genossenschafts-Vorstand Christian Tschulik die Lage der Evenord. Man habe viele Lieferanten und Metzger als Kunden zurückgewonnen und baue darauf auf. Angesichts der Probleme vieler Betriebe durch das Aus des Bamberger Schlachthofs ab 30. Juni werde man das Angebot erweitern. Er warb für enge Kooperation und die Profi-Schulungen durch Evenord-Verkaufsexpertin Karmen Walcher.

BUs: Vorstand und Gäste (v.l.): Gf Thomas Mörtel, Christian Tschulik, stv. OM Stefan Wolf, Claus Steiner, OM Konrad Ammon, Nina Gillitzer, Dr. Katharina Hillrichs, Frank Freitag und Bernd Schmitt.

Foto: PR