Herbstversammlung KHS Fürth: Billig-Konkurrenz Paroli bieten

Arm in Arm mit Max Grundig: die Fürther Handwerker mit Christian Sendelbeck, Corinna Unz, Thomas Mörtel und Konrad Ammon jun. (hinten, 4.-7.v.r.) im Café des Rundfunkmuseums.

Fürth (pr) - Freude über die Wiedereinführung der Meisterpflicht in zwölf Handwerksberufen und die gute Konjunktur, Ärger über bürokratische Auflagen, Fachkräftemangel und ungezügelte Konkurrenten wie Barber-Shops oder Hausmeisterdienste: Licht und Schatten erleben derzeit die Betriebe der Kreishandwerkerschaft Fürth.

„Die Fahne für unsere Gewerke hochhalten", forderte deshalb Christian Sendelbeck, Vizepräsident der Handwerkskammer für Mittelfranken, bei der Herbstversammlung der KHS im Fürther Rundfunkmuseum. Eine Möglichkeit dazu wäre beim jährlichen Fürther Erntedankfestzug: Zimmerersgattin Rosi Kolb schlug vor, dabei künftig mehr als drei Innungen teilnehmen zu lassen.

Kreishandwerksmeister Konrad Ammon jun. sähe darin kein Problem, man müsste aber ggf. personell umplanen. Denn laut Thomas Mörtel, Geschäftsführer der 15 Innungen und Verbände verwaltenden Kreishandwerkerschaft, ist die derzeit von Metzgern, Malern und Schreinern gestellte Festzugs-Gruppe auf 100 Personen begrenzt. Was überdies möglich wäre, will man in Kürze mit Fürths OB Dr. Thomas Jung diskutieren.

Dass die KHS-Sitzung in dem Museum an der Kurgartenstraße 37 stattfand, war kein Zufall: Der Aufstieg von Radio- und Fernsehpionieren wie Max Grundig, dessen Firma einst 40.000 Mitarbeiter zählte, und Paul Metz brachte auch positive Impulse für örtliche Handwerker - von Möbelschreinern bis zu Elektrikern. Führerin Corinna Unz gab einen Einblick in fast 100 Jahre Technikgeschichte vom Röhrenradio über Video 2000 bis zum LED-Fernseher; eine prägende Ära, die für Grundig 2003, für Metz 2015 mit der Insolvenz endete.

Auch 2019 schwächele die Industrie, das Handwerk aber noch nicht, berichtete Christian Sendelbeck. Die HWK-Konjunkturumfrage weise im 3. Quartal ein Plus von 3 Prozent aus. Im Kampf gegen den Nachwuchsmangel setzt er auf einen „Bildungspakt" mit der Politik, Werbetage in Schulen, Praktika in Betrieben. Leider fänden inzwischen selbst Berufsschulen keine Lehrkräfte mehr. Der aus Fürth stammende Meister für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik appellierte an die Politik, das Engagement im Ehrenamt nicht durch überbordende Bürokratie abzuwürgen. Die Verbraucher sollten in einer Zeit des Klimaschutzes regionale Verwurzelung und kurzen Lieferwege höher bewerten: „Alle Handwerker sind Umweltschützer." Die Kollegen rief er auf, an einem Strang zu ziehen und sich nicht als Konkurrenz zu betrachten. Anders bei unberechtigten Handwerksausübungen: Laut Friseur-Obermeister Christian Hertlein dürfen „Barber Shops" Kunden nur rasieren - wenn sie auch frisieren, ist ein Meisterbrief Voraussetzung. Oft seien sie statt bei der Stadt nur beim Finanzamt angemeldet, dann erfahre die HWK nicht mal ihre Existenz. Und laut Maler-Obermeister Jörg Heilmann bieten immer öfter Hausmeister-Services verbotenerweise auch Malerarbeiten an. Als weitere Konfliktthemen wurden genannt: Partyservice-Anbieter, die „aus der Garage" heraus arbeiten und sich an keine Arbeitszeitregelungen halten, und viele „Altgesellen", die sich nach acht Jahren in angeblich „führender Position" selbstständig machen dürfen. Sendelbeck betonte, die HWK nehme ihre Aufsichtspflicht ernst und verfolge jedes Fehlverhalten, von dem sie Kenntnis erhalte. Oft benötige dies aber viel Zeitaufwand.

Vor 25 Obermeistern und Vorstandsmitgliedern forderte Konrad Ammon jun. von der Politik mehr Flexibilität, etwa beim Arbeitszeitgesetz - weg vom Zehn-Stunden-Tageslimit hin zur auch von der EU bevorzugten Wochenarbeitszeit. Er wehrte sich gegen neue Vorgaben des Fiskus und überfallartige Kontrollen von Ladenkassen; damit werde jeder Handwerker „unter Generalverdacht" gestellt. Bei den Wahlen 2020 zur Vollversammlung der Handwerkskammer darf Fürth vier Vorstandskandidaten stellen.

Vor einer in vielen Policen verborgenen „Garagenklausel" für Handwerkerfahrzeuge warnte Jürgen Örtel, Firmenkundenmanager der Münchener Verein (MV) Versicherungsgruppe. Dabei sei z.B. bei einem durch einen heißen Auspuff in einer Werkhalle entstandenen Feuer weder Kfz noch dessen Inhalt versichert. Beim MV sei dies aber weiter inklusive. MV-Regionaldirektor Achim Bögner wies auf die von der Bundesregierung verabschiedeten neuen Zuschussmöglichkeiten für betriebliche Altersversorgung mit 160 Euro Steuerfreibetrag hin.

Kurze Berichte über ihre Innungen gaben deren Vertreter:

- Die Schreinerinnung mit ca. 35 Betrieben wird laut stv. OM Hermann Popp (Fürth) 2021 mit Nürnberg (ca. 50) zu „Mittelfranken-Mitte" fusionieren; Verwaltungssitz wird die KHS Fürth sein.

- Die Drechslerinnung Mittelfranken fusioniert laut Frank Grottenthaler (Nürnberg) 2020 mit der Innung Schwaben und zählt dann 16 Betriebe; die Verwaltung bleibt in Fürth.

- Der stv. Bau-OM Jörg Rappsilber (Langenzenn) nennt die Auftragslage gut, aber die Baugenehmigungen sinken. Obwohl sich Probleme der Entsorgung von Aushub oder Bauschutt gebessert haben, gebe es weiter teuren „Mülltourismus".

- Die Zimmerer leiden laut OM Hans-Georg Kolb (Oberasbach) unterm Trend zum Flachdach; gut sei die Nachfrage aber im Bereich Sanierung. Er sieht eine zunehmende Spaltung in Groß- und Kleinbetriebe.

- Die Dachdeckerinnung Mittelfranken zählt ca. 60 Betriebe. Laut Thomas Märkl (Langenzenn) ist die Auftragslage gut, Probleme machen Billiganbieter und die teure Müllentsorgung.

- Eine super Konjunktur spüren laut Julius Kern (Vorstand aus Burghaßlach) die Kachelofen- und Luftheizungsbauer aus Mittelfranken, aber man findet keinen Berufsnachwuchs.

- Gleiches gilt laut Rudi Röder (Vorstand aus Nürnberg) für die Schuhmacherinnung Mittelfranken. Man sieht zudem Probleme durch das neue EU-Medizinproduktegesetz für Betriebe der Orthopädieschuhtechnik.

- Die Friseure freuen sich laut Christian Hertlein über einen positiven Lehrlingstrend: 30 Auszubildende im 1. Lehrjahr.

- Die Bäckerinnung verlor laut OM Karl Gräf (Seukendorf) vier Mitgliedsbetriebe, v.a. wegen Personalmangel. Positiv kommen Aktionen wie Brotprüfung oder Erntedankgottesdienst an.

- Die Maler und Lackierer stärken laut OM Jörg Heilmann mit Fahrtrainings, Seminaren oder Erntedankzug den Zusammenhalt der 38 Betriebe. Der Umsatz sei gut, die Rendite schlecht.

- Die Metzger-Innung „Mittelfranken-Mitte" ist laut Konrad Ammon nach zwei Fusionen mit 77 Betrieben die größte Bayerns.

Foto: KHS