

Jahreshauptversammlung 2019 der Kreishandwerkerschaft Fürth
Cadolzburg (pr) - Volle Auftragsbücher und intakte Innungen, aber Mangel an Fachkräften und Lehrlingen: Licht und Schatten der guten Konjunktur fallen auch auf die Betriebe der Kreishandwerkerschaft Fürth. Weniger Bürokratie, einen deutschlandweit einheitlichen „Meisterbonus" und ein Ende des „Akademisierungswahns" forderte deshalb Kreishandwerksmeister Konrad Ammon jun. bei der Jahreshauptversammlung der KHS in der Cadolzburg.
Dass die Sitzung in dem vom Adelsgeschlecht der Zollern erbauten, 1157 erstmals erwähnten und kurz vor Kriegsende am 17. April 1945 durch einen Brand zerstörten Baudenkmal stattfand, war kein Zufall: Bei der Restaurierung, in die der Freistaat Bayern ca. 37 Mio. Euro investierte, zeigten in den vergangenen Jahren viele Handwerker ihr Können - von Bau bis Sanitär, von Glasern bis Dachdeckern.
Hier oder beim „Schönen Brunnen" in Nürnberg - am Handwerk komme keiner vorbei, betonte Gastredner Thomas Pirner. Der Präsident der Handwerkskammer für Mittelfranken mahnte die Politik, diese Kompetenzen mehr zu unterstützen, etwa durch mehr Gewerbeflächen oder die Einrichtung von „Handwerkerhöfen". Kämpfen will er gegen die deutsche Untugend, auf jede EU-Regelung noch Verschärfungen draufzusetzen. Er hofft, dass die von niedrigen Zinsen beflügelte Binnenwirtschaft noch ein bis zwei Jahre aufwärts tendiert. Ein Lichtblick sieht Pirner am Ausbildungsmarkt, da in Bayern die Zahl neu abgeschlossener Lehrverträge um 4,2 Prozent stieg. Eine zuletzt geforderte „Mindest-Ausbildungsvergütung" lehnt er aber ab - das sei traditionell Verhandlungssache der Tarifpartner. Lob spendete der Kammerpräsident den Betrieben für ihre Unterstützung der Imagekampagne des Handwerks („Die Wirtschaftsmacht von nebenan"), die mit provokanten TV-Spots („Ist das denn noch Handwerk?" in eine neue Runde geht, und für ihr Engagement bei regionalen Veranstaltungen wie dem „Schmankerlmarkt" der HWK auf dem Nürnberger Hauptmarkt.
Vor 30 Obermeistern und Vorstandsmitgliedern der Handwerksinnungen forderte Konrad Ammon die Politik auf, zu handeln statt nur anzukündigen. So sei der Solidaritätszuschlag nach 24 Jahren immer noch nicht abgeschafft (wie die Schaumweinsteuer nach 100 Jahren), junge Meister würden in jedem Bundesland anders gefördert (in Bayern: 1500 Euro), Regelungen wie das neue Verpackungsgesetz dienten als „Gelddruckmaschine" für Entsorgungsfirmen, aber als Wachstumsbremse für Handwerksbetriebe. Als skandalös bezeichnete der Metzgermeister aus Fürth-Burgfarrnbach den „Internetpranger", der Lebensmittelbetriebe (bei Geldbuße ab 350 Euro nach behördlichen Kontrollen) ihren guten Ruf und die Existenz kosten könne.
Um Handwerksbetrieben mehr und qualifizierteren Nachwuchs zu bescheren, wäre laut Ammon ein Umdenken in der Gesellschaft nötig. Nicht jeder Schüler müsse aufs Gymnasium, studieren und einen von etwa 20.000 Bachelor-Abschlüssen machen, die teils kaum berufliche Zukunftschancen böten. Mit einer Lehre und einem von 143 Meisterabschlüssen wären viele praktisch begabte Jugendliche glücklicher.
Vor Ort in der Kleeblattstadt hofft der KHM auf eine gute Zukunftskonzeption für das vor dem Abriss stehende City-Center und guten Zuspruch für den neuen Wochenmarkt mit Container-Geschäften nahe der Fürther Freiheit. Beim Reizthema eines Tunnels für den Frankenschnellweg forderte er eine gemeinsam von den Städten Nürnberg, Fürth und Erlangen erarbeitete Lösung.
Thomas Mörtel, Geschäftsführer der 16 Innungen und Verbände verwaltenden Kreishandwerkerschaft Fürth, berichtete, dass zum Jahresbeginn die Fleischer-Innung Lauf-Hersbruck als Fusionspartner zur Fleischer-Innung Mittelfranken-Mitte hinzukam. Das Drechslerhandwerk durfte sich über die Aufnahme ins bayerische und ins bundesweite Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes freuen - und werde in Kürze einen Antrag auf „Rückvermeisterung", also Rückkehr zur Meisterpflicht bei Selbstständigkeit und Betriebsgründung, stellen.
Kurze Berichte über ihre Innungen gaben deren Vertreter:
Die Schreiner haben laut Hermann Popp (Fürth) noch ausreichend Lehrlinge; für 18. Oktober kündigte er die 10. Schreiner-Tage im Ludwig-Erhard-Zentrum an.
Die Zimmerer leiden laut OM Hans-Georg Kolb (Oberasbach) unter dem Trend, dass immer mehr Flach- statt Steildächer gebaut werden, um mehr Wohnraum zu gewinnen; gut sei die Nachfrage aber im Bereich energetische Sanierung.
Die Drechslerinnung Mittelfranken will laut Frank Grottenthaler (Nürnberg) mit der Innung Schwaben fusionieren, möglichst schon Ende 2019; die Verwaltung soll aber in Fürth bleiben.
Bei den Dachdeckern ist laut Thomas Märkl (Langenzenn) die Auftragslage gut, Probleme mache aber die immer teurere Müllentsorgung (z.B. 2500 Euro pro Tonne Styropor).
Bau-OM Georg Ruf (Langenzenn) bestätigt, die Entsorgungsgebühren seien „explodiert", die Lkw-Maut sorge für zusätzliche Kosten. Rohstoff-Lieferzeiten von 5-6 Wochen sowie Planungsfristen bremsten oft aus.
Ein Altersproblem haben laut Ulrich Gentsch (Schwabach) die Kachelofen- und Luftheizungsbauer: Viele Betriebsinhaber finden keine Nachfolger und hören auf; die Innung werde sich deshalb in zehn Jahren halbieren.
Gute Nachfrage, aber Nachwuchs-/Fachkräftemangel bilanzierte Harald Karger (Langenzenn) als OM der Metall-Innung.
Gleiches gilt laut Kurt Schmidt (Fürth) für Maler und Lackierer.
Die Friseure leiden laut Karin Kiesel-Reichel (Fürth) zudem unter Abwerbungen und ständiger Kritik der Finanzämter an den Kassensystemen.
Die Präzisionswerkzeugmechaniker als kleine Innung führen laut Paolo Chesi (Nürnberg) alle zwei Jahre einen Meisterkurs durch und beschulen ihre Lehrlinge in Bad Neustadt.
Die Metzger sind laut Konrad Ammon nach zwei Fusionen nun größte Innung Bayerns (77 aktive Betriebe). Das empfahl er auch anderen Gewerken. Motto: „Nur gemeinsam sind wir stark!