Kassendatenspeicherung, TSE & Co. ernst nehmen
Fürth/Nürnberg (pr) - Ob beim Metzger, Bäcker oder Friseur: Digitale Kassensysteme speichern Daten, sorgen für exakte Abrechnung und drucken die oft ungeliebten Kassenbons. Die elektronischen Alleskönner eröffnen den Finanzbehörden aber auch immer detailliertere Kontrollmöglichkeiten und bergen für Kleinbetriebe manche Stolperfalle. Per Knopfdruck stoßen Prüfer inzwischen auf Umsätze in der (vermeintlichen) Mittagspause oder ein verdächtiges Verhältnis von Warenein- und -verkauf. Auch kleine Differenzen ernst zu nehmen, mahnte Thomas Biermann von der DATEV bei einem Vortrag auf Einladung der Kreishandwerkerschaft Fürth. Denn bei Vorsatz drohen Bußgelder bis 25.000 Euro und Steuernachzahlungen von bis zu 10 Prozent des geschätzten Jahresumsatzes.
Auffälligkeiten gibt es nach Worten des Experten viele, und oft ohne Betrugsabsicht: Ein Fleischer bucht Umsätze aus der Gaststätte versehentlich mit aufs Metzgereikonto, ein Friseur öffnet abends um 21 Uhr noch mal extra für Hair-Modelle oder ein Biergarten hat trotz schönem Wetter (nachprüfbar via Google!) keine Umsätze, weil er wegen Krankheit schließen muss. All das müssen die Inhaber Finanzprüfern im Nachhinein plausibel erklären. Denn die pochen auf Daten, die sogar die moderne Kaffeemaschine in der Bäckerei über die Zahl der abgefüllten Tassen liefert. Biermann empfahl deshalb, wiederkehrende Besonderheiten im Arbeitsalltag schon vorab in der gesetzlich vorgeschriebenen „Verfahrensdokumentation" zur Kassenabrechnung aufzulisten. Diese kann von der Funktion der Kasse über die Zeit des Tagesabschlusses bis zum Verbuchen von Trinkgeldern reichen. Muster gibt es beim Fachverband für Kassen- und Abrechnungssystemtechnik unter www.dfka.net.
Vor gut 80 Zuhörern im Gebäude der Fleischergenossenschaft Evenord in Nürnberg-Altenfurt umriss der Experte, wie die „Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff" (GoBD) die Verantwortung des Unternehmers erhöhen. Kassendaten müssen zehn Jahre digital gespeichert werden und exportierbar sein. Das nutzen Finanzprüfer, um die angebliche Hinterziehung von 500 Mio. Euro Steuern im Jahr zu bekämpfen. Etwa mit einer unangekündigten „Kassen-Nachschau" vor, während oder nach Betriebsschluss. Die Beamten dürfen Betriebsräume betreten, Belege scannen, Daten abziehen und den Betrieb für einen Kassensturz stoppen. Thomas Biermann empfahl, Mitarbeiter für ihr Verhalten in diesem Fall zu schulen - und sich in jedem Fall der Identität der Prüfer zu versichern, um nicht Trickbetrügern in die Falle zu gehen.
Wichtig: Digitale Kassendaten dürfen nicht mehr geändert oder überschrieben werden. Eine Kassenbuchführung mit „Excel"- und „Word"-Dokumenten ist nach Angaben des Fachmanns deshalb nicht mehr akzeptabel. Eine Speicherung sollte auf verlässlichen Langzeit-Datenträgern erfolgen, nicht auf SD-Karte & Co., die nur eine Haltbarkeit von fünf bis acht Jahren haben.
Seit Anfang 2020 ist die nächste Stufe des neuen Kassengesetzes in Kraft. Es schreibt u.a. eine „Technische Sicherheitseinrichtung" (TSE) an den Kassen mit Verschlüsselung jeder Buchung vor. Die TSE kann als Hard- oder Softwarelösung entwickelt werden und muss vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik zertifiziert sein. Das Fehlen einer TSE wird bis 20. September zwar noch nicht beanstandet, Biermann riet aber, die Nachrüstung schnellstens bei den Kassenherstellern zu beantragen. Sei die Kasse nicht mehr TSE-fähig, müsse mit Übergangsfrist bis 31. Dezember 2022 ein Ersatz gekauft werden.
Ebenfalls seit 1. Januar 2020 gilt eine Meldepflicht für elektronische Kassen beim Finanzamt. Da diese Meldung aber noch nicht funktioniert, wurde sie gestoppt und soll ab Februar/März als Online-Erfassung umgesetzt werden. Näheres wird dann über Kreishandwerkerschaften und Verbände zu erfahren sein.
Was die umstrittene Bon-Pflicht angeht, riet der Experte, nach papierlosen Alternativen Ausschau zu halten - etwa durch Erzeugung eines QR-Codes zur Buchung, den der Kunde anschließend mit seinem Smartphone scanne. Eine generelle Befreiung von der Bon-Pflicht sei auf Antrag möglich, aber in Bayern erst einem Betrieb (eine Bäckerei) gelungen. Thomas Ramelsberger, Gebietsverkaufsleiter Süd-Ost bei Kassen- und Waagenhersteller Bizerba (Balingen), ergänzte, bei den für Metzgereien typischen Geräten sei der Wiegevorgang mit der Ausgabe des Kassenbons gekoppelt. Er und sein Kollege Richard Schweiger beantworteten Zuhörern im Anschluss individuelle Detailfragen.
Wie eine elektronische Ladenkasse der Metzgerei und die offene Kasse eines Bratwurststandes abgerechnet werden müssten, wollte etwa eine Metzgerin wissen. „Auf jeden Fall getrennt", antwortete Thomas Biermann. Und Metzgermeister Georg Wiesneth (Simmelsdorf) berichtete auf die Frage nach einer Bon-Pflicht bei Wurstautomaten aus seiner Praxis: Da sei kein Drucker nötig. Seine beiden Automaten sind direkt mit einem Provider verbunden, der die Daten zehn Jahre speichert, die Finanzbehörden könnten sie dort abrufen.
Foto: KHS