Im „Tandem“ Handwerksgrenzen überschritten
Fürth- Juli 2017 - Die Kreishandwerkerschaft Fürth organisierte einen dreiwöchigen Azubi-Austausch mit französischen Azubis.
Ungewohnte, aber spannende Aufgaben durften kürzlich sechs Schreiner- und zwei Maurer-Lehrlinge aus Limoges in Fürth lösen helfen.
Drei Wochen lang verbrachten die jungen Franzosen in der Partnerstadt, um mit Fürther Azubi-Berufskollegen Sprachkenntnisse auszutauschen,
in Betrieben zu arbeiten und Freundschaften zu schließen.
Angestoßen wurde das Austauschprojekt von Rosmarie Kolb vom Deutsch-Französischen Freundeskreis in Oberasbach, als Hauptorganisator fungierte Thomas Mörtel,
Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Fürth. Diese war zugleich auch der Kooperationspartner mit dem Berufsschulzentrum „CFA Bâtiment Limoges".
Fachliche Unterstützung lieferten Anja Seulen, Mobilitätsberaterin der Handwerkskammer für Mittelfranken und Hilde Langfeld, Städtepartnerschaftsbeauftragte der Stadt Fürth;
finanziell und ideell beteiligten sich neben dem Hauptfinanzgeber, dem deutsch-französischen Sekretariat für den Austausch in der beruflichen Bildung (Saarbrücken),
der Bezirk Mittelfranken als Partner der Region Limousin, Stadt und Landkreis Fürth, die Baustoff-Union (Nürnberg) und die Münchener Verein Versicherungsgruppe.
Zwei Jahre dauerte die Vorbereitung. Mit einem einwöchigen Sprachkurs im Seminarraum der KHS an der Fürther Freiheit begann für die Nachwuchshandwerker aus dem
CFA Bâtiment Limoges, die von zwei Lehrkräften begleitet wurden, der Aufenthalt in Franken. Daran nahmen neben mehreren interessierten Schülern des Fürther Berufsschulzentrums 1
auch die vier deutschen „Tandem"-Partner der 18- bis 20-jährigen Franzosen teil: der angehende Maurer Sebastian Knörr, Schreiner-Azubi Pavlo Bilgoradskyy und die
Zimmererlehrlinge Jakob Kolb und Katrin Auer. Letztere unterstützte ihre Kollegen dank ihrer guten Französischkenntnisse schon mal bei Verständnisproblemen;
mit Annie Gabsteiger war ihnen und ihren Lehrern zudem dauerhaft eine Sprachbegleiterin zur Seite gestellt.
Apropos: Rosmarie Kolb fand es unglaublich, wie einfach und unkompliziert sich die jungen Leute auch ohne viele Worte im fremden Handwerksalltag zurechtfanden.
Ob in Rothenburg Bretter an einem Turm getauscht, in Sulzbach eine Abbruchräumung vollzogen oder in Zirndorf Dekoteile einer Ladeneinrichtung zugeschnitten wurden -
sie bewegten sich wie selbstverständlich in ihrem Metier, überdies stets höflich und verlässlich, betont die Gattin des Obermeisters der Zimmerer-Innung Fürth, Hans Kolb.
Die Chance auf eine zweiwöchige aktive Mitarbeit eröffneten sechs fränkische Betriebe: die Schreinereien Claus Fleischmann und Max Boss in Fürth,
der Ladenbau-Spezialist Virea Wurm GmbH in Zirndorf, das Bauunternehmen Georg & Fritz Knörr in Heilsbronn sowie die Zimmereien Manfred Hirsch in Langenzenn
und Thomas Lederer in Flachslanden. Die Azubis aus dem Herzen Frankreichs waren mit Chefs, Kollegen und ihren „Tandem"-Partnern nicht nur in der Werkstatt
und auf Baustellen unterwegs, sondern wohnten teils unter einem Dach; einige der Azubis waren auch bei Gastfamilien untergebracht.
Im Land jenseits des Rheins mal beruflich über den Tellerrand zu schauen, war freilich nicht der einzige Anreiz des Austauschs. In der Kreishandwerkerschaft Fürth
wurden die acht französischen und vier deutschen Teilnehmer zur Begrüßung mit Laptop-Taschen der Handwerkskampagne („Werkzeugkoffer 4.0") als Gastgeschenk bedacht;
Fürths Bürgermeister Markus Braun empfing sie im Fürther Rathaus, Bezirkstagspräsident Richard Bartsch im Bezirksrathaus in Ansbach. Zum Programm gehörten Besuche in den
Ausbildungszentren der HWK an der Nürnberger Sieboldstraße und im Maurer- und Zimmerer-Bildungszentrum Ansbach, bei den 9. Fürther Schreinertagen, in der Berufsschule 1 in Fürth,
in der Baustoff-Union und anderen beteiligten Betrieben, aber auch im Nürnberger Doku-Zentrum Reichsparteitagsgelände oder im Freilandmuseum in Bad Windsheim.
Um ihnen auch die fränkische Kultur und Lebensart nahezubringen, entführten die Organisatoren ihre weit gereisten Gäste z.B. auf Kirchweihen in Cadolzburg, Oberasbach,
Obermichelbach und Ammerndorf. Bei Bier und fränkischer Bratwurst wurden herzliche Freundschaften besiegelt; zum Abschluss gab es ein Fest für Helfer und Teilnehmer in der Fürther Kreishandwerkerschaft.
Von Nürnberg flogen die französischen Handwerker via Paris zurück ins heimische Zentralmassiv. Schon Anfang 2018 dürfen sie sich auf ein Wiedersehen mit ihren neuen Kumpels freuen;
dann organisiert die KHS Fürth einen dreiwöchigen Gegenbesuch für maximal acht fränkische Teilnehmer. Als Betreuer wird u.a. Wolfgang Mattes, ehemaliger Berufsschullehrer der Zimmerer, mit dabei sein.
Thomas Mörtel bewertet das Austauschprojekt als vollen Erfolg - vor allem dank der großen Motivation der beteiligten Auszubildenden.
Auch Rosmarie Kolb zeigt sich „absolut begeistert" - es habe sich gelohnt, dieses Experiment zu wagen.
Denn es habe bewiesen, dass für Handwerker in der grenzüberschreitenden Kooperation nicht einmal die Sprache ein Hemmschuh sei.
Diese erste Austausch-Generation sei der ideale „Türöffner" für die nächste.