Metzger investieren in die Zukunft
Fürth/Nürnberg (pr) - Wichtige Weichen für die Zukunft stellte die zum 1. Januar durch die Mitglieder der Fleischer-Innung Lauf-Hersbruck vergrößerte Fleischer-Innung Mittelfranken-Mitte in ihrer Jahreshauptversammlung: Man votierte einstimmig für eine Sanierungs-Investition in die beiden Innungshäuser in Nürnberg und will mit neuem Werbematerial und einem eigenen Messestand die Nachwuchswerbung an Schulen und auf Berufs-Infobörsen verstärken.
Der Mangel an Azubis bleibt akut: Nach Angaben von Innungs-Lehrlingswart Max Ammon (Fürth) werden an der Berufsschule Nürnberg derzeit gerade mal zwölf Fleischerlehrlinge in drei Lehrjahren unterrichtet, außerdem 16 Fleischerei-Fachverkäuferinnen. In Fürth sind es dank des bis Erlangen und Ansbach reichenden Schulsprengels mehr - aber aus der Stadt selbst sind es gerade mal zwei künftige Metzger. Das sei erschreckend - ebenso wie die Noten in den Zwischenprüfungen, die im Praxisbereich bei Schnitten von 2,9 bis 3,2 und im Theoriebereich zwischen 4.0 und 4,8 lagen. Ammon kündigte an, nach der laufenden Angleichung der Prüfungsanforderungen nähmen die Nürnberger und Laufer Fachverkaufs-Lehrlinge ab 2020 an der in Fürth traditionellen Abschluss-Plattenschau teil. Um mehr und bessere Azubis zu finden, soll laut stv. Obermeister Stefan Wolf (Nürnberg) der neue Info-Stand im „Baukastensystem" helfen, der zum Beispiel auf Wunsch von Innungsmitgliedern an Schulen in ihrem Betriebsumfeld eingesetzt werden kann.
Ein finanzieller Kraftakt steht mit der Renovierung der beiden Mietshäuser an der Rothenburger Straße 37/37a an, die die Nürnberger Metzger 2017 in die fusionierte Innung eingebracht haben. Man beschloss nun die Aufnahme eines Kredits über 1,5 Mio. Euro bei der Evenord-Bank, um in den nächsten fünf Jahren die meisten der 24 Wohnungen zu modernisieren. Aus der ehemaligen Gaststätte soll ein Schulungszentrum (mit zwölf Zimmern, Gebetsraum etc.) für Novizinnen eines Schwestern-Ordens in Vierzehnheiligen und für zehn Jahre fest vermietet werden. Projektbeauftragter Claus Steiner (Nürnberg) ist sicher, auch für den Rest der 1554 qm Wohn-/Nutzfläche in guter Innenstadtlage später problemlos Mieter zu finden.
Die Innung Mittelfranken-Mitte zählt nach Angaben von Geschäftsführer Thomas Mörtel von der Kreishandwerkerschaft Fürth derzeit 116 Mitglieder - davon 77 aktive Betriebe. Damit ist man die mitgliedstärkste Innung in Bayern. Als Rechnungsprüfer wurden Andreas Krugmann (Cadolzburg), Jan Kehrstephan (Zirndorf), Georg Zöllner und Friedrich Meier (beide Nürnberg) bestätigt.
In seinem Bericht vor etwa 25 Mitgliedern im „Haus des Handwerks" in Fürth kritisierte Obermeister Konrad Ammon jun. (Fürth) die „Effekthascherei" von Organisationen wie „Food Watch", die jedes Kontrollergebnis der Lebensmittelüberwachung veröffentlicht sehen wollten. Unfair sei auch der „Internet-Pranger": Hier werde jeder Betrieb, der ein Bußgeld über 350 Euro zahlen müsse, sechs Monate lang namentlich genannt und gebranntmarkt. Der Innungschef: „Warum passiert das nicht, wenn ein Banker falsch berät und das Geld weg ist?" Er fordere eine Anhebung der Bußgeld-Grenze auf 1000 Euro. Reines Marketing sieht Ammon in den vier neuen Tierschutzlabels des Lebensmittelhandels, weil sie weder auf Zuchtort noch auf Transportbedingungen Bezug nehmen. Die Strategie von Bundesernährungsministerin Julia Klöckner zur Reduzierung von Salz, Fett und Zucker stärke vor allem die Industrie und deren Lebensmittellabors und lasse das traditionellen Rezepten verbundene Handwerk außen vor. Er mahnte die Kollegen, der Gefahr durch Listerien vorzubeugen und Reinigung und Desinfektion ernst zu nehmen.
Ammon, zugleich Landesinnungsmeister der bayerischen Metzger, wies auf eine neue Marketing-Kampagne des Fleischerverbandes zum Thema „BBQ for you" hin, um Kunden zur Grillsaison auf den Geschmack zu bringen. Mit einem Info- und Grillstadt will die „Schutzgemeinschaft Nürnberger Bratwurst", deren Mitglied die Innung ist, am 2. Juni erstmals beim Fränkischen Bratwurstgipfel in Pegnitz dabei sein.
Auf zwei rechtliche „Fußangeln" machte Thomas Mörtel die Betriebsinhaber aufmerksam. So verpflichte ein kürzlich gefälltes Urteil den Arbeitgeber, Beschäftigte vor dem Verfall „alter" Urlaubstage im neuen Jahr zu warnen; im Anschluss könne man ggf. eine Vereinbarung über einen Ausgleich treffen. Wichtig sei auch, mit schwangeren Mitarbeiterinnen vor dem Eintritt in die Elternzeit (normalerweise sieben Wochen vor der Entbindung) die Modalitäten darüber schriftlich festzulegen - zum Beispiel, dass in dieser Zeit zwar Kündigungsschutz, aber kein Urlaubsanspruch bestehe.
Als Gastreferenten informierten Oliver Lachmann und Murat Toksoy von der Bunzl Verpackungen GmbH (Marl) über die Novellierung der Verpackungsverordnung, die auch Metzger betrifft. Denn seit 1.1. muss auch für viele Serviceverpackungen wie Wurstpapier, Brötchentüten oder Pommes-Schalen eine Lizenzgebühr für die spätere umweltgerechte Entsorgung bzw. Wiederverwertung entrichtet werden. Über eine Zentralstelle Verpackungsregister (www.verpackungsregister.com) kann sich selbst registrieren und entsprechende Gebühren abführen, wer nicht schon lizenzierte Verpackungen über den Hersteller oder Lieferanten wie eine Fleischergenossenschaft bezieht. Die Beteiligung der Gewerbetreibenden an einem Entsorgungssystem soll künftig kontrolliert werden - bei Zuwiderhandlungen drohen laut Lachmann hohe Geldstrafen bis 200.000 Euro. Konrad Ammon nennt diese Verordnung „eine Katastrophe", die gerade für Kleinbetriebe einen neuen Wust an Bürokratie und höhere Kosten mit sich bringe.
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