„Die Raupe Nimmersatt schlägt wieder zu!“

Solidarisch (v.l.): Dr. Josef M. J. Rampl, LIM Konrad Ammon, BBV-Präsident Günter Felßner, Ministerpräsident Markus Söder, Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber und LIM Heinrich Traublinger.

Nürnberg (buc) - „Der Hof brennt, die Politik pennt!" „Butter, Brot und Bier machen WIR!" Mit Slogans wie diesen machten 5000 Landwirte mit 2500 Traktoren auf dem Nürnberger Volksfestplatz lautstark ihrem Unmut gegen die Berliner Streichungspläne bei Agrardiesel und Kfz-Steuerbefreiung Luft. Vor dieser imposanten Kulisse nutzte auch das Ernährungshandwerk die Chance, heftige Kritik an der Ampel-Koalition zu üben. Metzger, Bäcker und Müller zeigten sich solidarisch mit den Bauern und warnten wegen hoher Steuern und Energiepreise vor einem Betriebssterben.

Konrad Ammon (Fürth), Landesinnungsmeister der bayerischen Metzger, konstatierte: „Die Raupe Nimmersatt aus Berlin schlägt wieder zu." Durch die geplanten Sparmaßnahmen gerieten die Höfe als Erzeuger und Lieferanten von Schlachttiere in Existenzgefahr. Landwirtschaft, Handwerk und Gastronomie müssten zum Stopfen von Etatlöchern herhalten: „Der Staat kann alles, nur nicht kürzertreten."

Seit Amtsantritt der Ampelkoalition 2021 finde eine Umverteilung statt - vom Bürger und Mittelstand zum Staat. Das Fleischerhandwerk wurde laut Ammon v.a. durch den Wegfall der Energiepreisbremsen hart getroffen. Diese wurde 2022 bis April 2024 zugesagt. Aber „Pustekuchen" - die Bundesregierung habe ihr Versprechen gebrochen und lasse die Familienbetriebe seit 1. Januar im Stich. Dabei betonten Politiker von SPD, Grünen und FDP stets, wie sehr ihnen ländliche Strukturen und Wertschöpfungsketten am Herzen lägen. Mit ihren Mehrbelastungen versetze die Ampel vielen Betrieben und diesen Traditionen den Todesstoß. Ammon: „Woher kriegen wir Rohstoffe, wenn kein Landwirt mehr da ist? Woher kommt die Wurst, wenn kein Metzger, woher das Brot, wenn kein Bäcker mehr da ist? Dann ist's vorbei mit Regionalität - und die Sau kommt aus einem chinesischen Schweinehochhaus. Prost Mahlzeit!" Er forderte stattdessen Entlastungen, faire Bedingungen und bezahlbare Energiepreise.

Bei frostigen Temperaturen versorgten Mitglieder der Fleischer-Innung Mittelfranken-Mitte die Demonstrationsteilnehmer mit herzhaften Gratis-Snacks: 3500 Paar Rohwürste (Pfefferbeißer und geräucherte Bratwürste) aus sechs Betrieben brachten Stefan Wolf (Nürnberg) und Achim Dierl (Metzgerei Wahler, Nürnberg) unters Volk. Die Brötchen dazu spendierte die Kalchreuther Bäckerei. Fleißig fütterten die Landwirte dafür eine Spendenbox - mehr als x00 Euro kamen für die Nachwuchsarbeit im Handwerk zusammen.

Als Vertreter des Bäckerhandwerks stellte sich Landesinnungsmeister Heinrich Traublinger (München) an die Seite der Bauern: „Ohne Sie gäbe es kein Brot, wie wir es heute kennen und genießen dürfen." Aber Landwirtschaft und Handwerk erlebten einen „Kosten-Tsunami", der nicht mehr auszuhalten sei und viele vom Weitermachen abhalte. Auch die ausufernde Bürokratie belaste die Betriebe; sechs von zehn Bäckern, die schließen, gäben einen „Bürokratie-Burn-out" als Hauptgrund an. Zwölf Stunden pro Woche müsse jeder Betrieb im Schnitt für Dokus, Bescheinigungen & Co. leisten; er selbst fülle für seinen Betrieb ca. 25 Statistiken pro Jahr aus. Und bis zur Europawahl im Juni wolle die EU noch 150 weitere Richtlinien verabschieden. Traublinger wertete das als völlig falsches Signal: „Wir sitzen alle in einem Boot. Aber die einen angeln und wir rudern." Er kündigte an: „Wer nicht kämpft, hat bereits verloren. Wir kämpfen weiter!"

Dr. Josef M.J. Rampl (München), Geschäftsführer des Bayerischen Müllerbundes und Landesverbandes Bayerischer Mühlen, sagte, Sparbeschlüsse, Steuererhöhungen, CO2-Verteuerung oder Mautverdoppelung - alles werde derzeit auf dem Rücken der Lebensmittelwirtschaft ausgetragen. Und all das gehe zu Lasten der Wettbewerbsfähigkeit der Leistungsträger: „Davon müssen wir weg!" Statt höherer Abgaben seien Investitionen, die das Land voranbringen, und mehr unternehmerische Freiheiten nötig.

Den größten Applaus unter den 14 Rednern erntete Günter Felßner, Präsident des Bayerischen Bauernverbandes (BBV). Er wehrte sich nicht nur gegen Kompromissvorschläge aus Berlin und Vereinnahmung der Protestbewegung durch Rechte und Umstürzler, sondern sprach auch Lob aus - der bayerischen Staatsregierung für einen 120 Mio. Euro im Jahr umfassenden „Zukunftsplan" für die Landwirtschaft", der Bevölkerung und dem Ernährungshandwerk für die Unterstützung: „Wer kämpft, braucht Verbündete."

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU), gemeinsam mit Innenminister Joachim Herrmann und Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber vor Ort, sagte Hilfe gegen die „unfairen und einseitigen" Beschlüsse aus Berlin zu. Deutschland und Bayern müssten ihre Selbstversorgungsfähigkeit in der Ernährung bewahren, man wolle keine Produkte aus fernen Ländern in schlechterer Qualität. Regional sei die Zukunft. Und: „Ein Leben ohne Fleisch und Bratwurst ist doch sinnlos!"

Foto: buc